Kategorie: Geschichten

Von Sockenschubladen und schwarzen Autositzen

ein schweißtropfen rinnt hinter meinem ohr,
die luft lässt sich anfassen.
wind, wie angene- ach doch nicht, auch der ist ofenwarm.
meine hände kleben, der schwarze autositz brennt unter meinen schenkeln.
ich verfluche die hitze.
wie jedes jahr vergesse ich die kälte, die idee einer jacke ist verschwunden.
drei socken für einen monat klingt realistisch.
barfuss, ich gehe immer barfuss zuhause.
meine zehen bestehen auf diese freiheit.
der letzte sommertag, alle sagen mir das, es klingt wie eine drohung – wenn du nich sofort das haus verlässt, wird der winter dich von innen heraus auffressen.
ich glaube ihnen nicht, es ist sommer.
plötzlich zähle ich meine jacken.
meine füße sind das erste mal kalt.
was bei den zehen anfängt, kann nicht aufgehalten werden.
sie kriecht langsam, aber beharrlich, die kälte.
du merkst erst wie kalt dir ist, wenn du dich umdrehst, um das duschwasser kälter zu drehen, weil es so brennt, nur um zu sehen das es ist wie immer. nur du nicht.
kalte finger, unter einer warmen decke.
wo ist der sommer. ich habs dir gesagt, sagst du.
und ich habe dir wie jedes jahr nicht geglaubt. und krame in der sockenschublade.

HERBST 2017

Mein Sommer

wie war dein sommer fragst du mich.
nickend und nichts sagend reden wir am gang.
der sommer wird von zeit zu einem ort, meinem ort denn du nie betreten wirst.
einem ort voller leben, sonne und lachen und weinen. ein ort an den nur mein sommer-ich und meine sommer-menschen gehören.
an deinem gesicht sehe ich wie schnell er vergangenen, aber an deinen haarspitzen auch wie ausgiebig und lang er war, der sommer.
und plötzlich sind da fristen, papier und fremde gänge voller menschen.
plötzlich sind wir wieder da, im geregelten rhythmus.
vielleicht sind unsere stifte noch vertrocknet, aber er hat uns wieder, der herbst.
die sommersprossen auf meiner nase verblassen langsam und meine füße sind das erste mal kalt.
ich trinke ingwer tee, muss gesund bleiben, sage ich, und klopfe dreimal auf den tisch.
es gibt wieder einen grund früher schlafen zu gehen, die notwendigkeit eines weckers.
schweifende sommer-gedanken verlieren ihren platz, die bahn ist voll und ich mittendrin.
das ist also das neue alte leben.
mein sommer war schön.
deiner hoffentlich auch.

HERBST 2017

Sommeretikette

es ist so heiß, dass alles platzen möchte.
die luft, die erde, genauso wie die äpfel auf der wiese.
mein kopf schwindelt vor pickigem vanillearoma, dass in den gassen hängt.
ein kind rennt mir entgegen, die sorge der mutter ist kleiner als die schwere in ihren beinen.
auf dem rücksitz schaukelt eine mineralwasserflasche, genauso ekelhaft lauwarm wie all unsere körperflüssigkeiten.
am kinn des kindes klebt das, was als erdbeer verkauft wird, rosa und klebrig.
die luft ist so süß, dass sie schon fast sauer riecht.
ein tropfen rinnt mein bein herunter und bleibt in der kniekehle sitzen, ich überlege ob meine mannerschnitten jetzt auch schmelzen, zuhause im regal.
die ganze stadt schwitzt lauthals leise, einige bäume vertschüssen sich schon in den herbst.
ich drehe die musik lauter, so als könnte sie die temperatur überdecken.
und während wien raunzend und haaas mit eisgefüllten bäuchen vor sich hin vegetiert, da pflege auch ich meine sommeretikett mit dem viertelstündlichen hinweis auf die hitze an jeden, der nicht eher flüchtet, aber wer tut das schon, bei 38,5.
hinter einem seufzer, so theatralisch wie es sich in der stadt, an der die milde arroganz von den stuckfassaden bröckelt, gehört, verstecke ich meine liebe.
meine liebe zu dieser abartigen hitze, dem gefühl dass es dir eine zelle nach der anderen wegbrennt, die gedanken so langsam wie bewegungen unter wasser, die stadt gelähmt und alles endlich nicht mehr rennt, sondern sich eine langsamkeit zugesteht und nichts außer die frage pistazie oder haselnuss oder doch zitrone einen sinn macht. / 

AUGUST 2018