Frühjahrs Topografien

Auf dem Weg zur Therapie schneide ich immer die selbe Straßenecke. Ich sehe nach links, dann lange hinauf. Da steht der gleiche Baum wie vor der Kirche, in der wir über Blau geredet haben.
Du meinst wir können die Bewusstseinsebenen nur neu mischen. Ich mische und sehe neue Fenster in der Albertgasse.

Wenn man Schwerlasten in genügend Watte wickelt und sachte flüstert, dann werfen auch sie weiche Schatten.

Ich bin spät dran und komme zu früh. Es ist kalt, aber die Menschen essen trotzdem Eis und ich warte auf dich. Sehe durch das Fenster des Curryladens. Ein Pärchen wischt sich gegenseitig Schweiß von der Stirn.

Meine Oberlippe ist rot von deinem Bart wie am ersten Abend, als deine Knie noch zitternden und ich mich am Tee verschluckte und zu laut lachte.

Ich schwimme zwischen Gesten und Gesichtern, finde mich in einem Spiegel und halte mich dann an Buchrücken fest. Am Fenster wird geraucht, ein Glas bricht. Ich vergrabe meine Füße unter meinen Beinen. Meine Augen haken sich in Gespräche und beim Wort Nullsummenspiel bleibe ich hängen ich wie eine Schallplatte, irgendwann knistert es nur noch. Ich fotografiere die Fliesen im Stiegenhaus. Plötzlich ist da eine Katze. Draußen donnert es.

Deine Stimme surrt und wir rennen den Montag in die Straße. Nur bei rot bleiben wir stehen, weil wir das immer so machen.

Ich google Bettwäsche und sehe mir Konzertkarten für Oktober an.

Der Toaster klickt. Das Wasser kocht. Mein Handy vibriert. Es bist nicht du, doch das ist okay, weil ich jetzt weiß, dass du da bist.

Ich schreibe eine Liste mit Namen, die mir gefallen.

Ester. Die Freundin ihrer Mutter.
Amber. Unser Hase früher.
Else. Omas Nachbarin. Erinnert mich an Kastanien.
Aaron. Klingt nach Holz.
Malve. Das Mädchen auf dem Geburtstag im Mai.

Meine Hände sind rot, weil ich keine Handschuhe anziehen wollte. Ich schiebe mein Rad in den Hinterhof. Die Schlüssel sind warm und es riecht nach nach-Hause kommen. Der Zitronenbaum wirft Blüten in meine Schuhe.

Auf der Fassade steht Verlassenschaften. Durch das Fenster sehe ich Stühle, Samt und Puppen mit schiefen Augen. Etwas in mir zieht. Vielleicht ist es der Weisheitszahn oder das Wetter.

23 und 17 mal. Ich zähle, wie oft das Wort zeigen und nicken in meinem Text vorkommt. Ich zeige es dir, du nickst.

Die Pflanze, die ich aufgegeben hatte, bekommt ein neues Blatt. Ich sortiere meine Bücher nach Farbe und schreibe eine Liste mit Worten.

Nullsummenspiel
Oberflächenspannung
Zimt
Peripherie
Topographie
Bausubstanz
Verlassenschaften
Fisimatenten
Treppenhaus
Brausehaus
Peristaltik
Desaströs
Statik
Cluster
Zitronenschaum
Kakao

Der Taxifahrer fragt mich, wie es mir geht, ich sage ja.  An der Radioanzeige steht Bülbül. Am Spiegel hängt ein Duft. Echtleder steht darauf.

Ein Socken fehlt. Wenn ich meine Wäsche wasche, ist meine Wohnung ein ganzer Wäscheständer. Über den Türen hängen Tücher, an der Türklinke die Unterwäsche. Es klingelt. Du stehst da und eigentlich wollte ich doch noch Nudeln kochen. Den Schal ziehe ich mir im Gehen an, mit einer Hand, mit der anderen halte ich deine.
Ich lese. Die Couch ist rot. Ein Mann sagt, er muss morgen auf ein Begräbnis. Auf Wiedersehen, sagt er dann. Auf Wiedersehen Peter, sagt die Arzthelferin. Wenn der Herr Doktor sie ruft, sagt sie ja mit zwei as. Jaa, sagt sie dann. Manchmal sagt sie auch zwei jaas hintereinander. Dann bekommt es zweite noch ein drittes a. Dreimal habe ich sie es noch nie sagen hören.
Komm, wir gehen. Wir essen und gähnen. Auf der Pizza schwimmt Olivenöl. Ich sage auch ja. Wie man einfach ist, habe ich mir schon früh beigebracht. Wenn ich zu lang einfach bin, dann verschwimmt mein Gesicht und ich kann es nicht mehr halten. Du siehst das, lächelst bis ich sage naja. Naja, vielleicht ist doch was.
Vor dem Fenster trägt ein Mann einen Raben und setzt ihn auf eine Parkbank.
Ich sitze in einem Café am Yppenplatz. Draußen stehen zwei Herren mit großem Gesicht. Auf dem Kühlschrank steht Heute bin ich nahe dem Wodka gebaut. Die Kellnerin lacht lange.

Morgens esse ich Apfelschnitze. Ich schneide das Gehäuse fein säuberlich hinaus. Lege sie auf einen Teller. Heute sind sie ein bisschen zu mehlig, es knackst nicht beim abbeißen. Auf dem Weg von A nach B finde ich bloß die falschen Buchstaben.

Brausebad. Ich zeige auf die Hauswand. Sowas, sagst du. War das nicht bei den Griechen, ich krame nach meinem Notizbuch. Brausen mit viel r und au. Das ist gut, das ist gut. Ich packe mein Notizbuch wieder ein. Drei Tage später google ich. Lerne viel Wissenswertes über Saunakultur und vergesse es dann wieder, bevor ich es dir erzähle.

Kategorie Geschichten, Kopf

Atmet und schläft in Wien. Arbeitet ebenda auch manchmal. An Illustrationen, Fisimatenten oder daran endlich die richtige Müllsack Größe zu kaufen. Macht manchen Sorgen und sich eine große Freude mit dem Studium der Sprachkunst. Schreibt über Fliederlila, Stromausfälle und Zitronenschaum. Irgendwas im Internet, ihre Oma ist sich da nicht so sicher, unter urbananouk.com. Mag Pfirsiche, aber nur die flachen.

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