manchmal braucht es nur ein bisschen licht, das auf der haut tanzt, um loszulassen. loszulassen von dem gedanken irgendwo anders sein zu müssen, irgendetwas wichtigeres tun zu sollen und ständig etwas zu verpassen.
ja, wir verpassen ständig ganz ganz viel und die sozialen medien halten das uns ja täglich unter die nase und leuchten es bis spät in unsere gesichter, aber das ist nun mal einfach so. und nur weil wir etwas anderes irgendwo verpassen, müssen wir nicht das jetzt und hier aufgeben.
ob alles einen sinn hat, dass weiß ich nicht, aber wenn ich raten müsste, dann würde ich sagen, dass er wahrscheinlich nicht am strand von bali gehortet ist, sondern irgendwo zwischen den lichtern tanzt und unter den füßen raschelt, wenn wir ihn bemerken. aber vielleicht ist das auch gar nicht so wichtig und wir sollten die suche nach dem sinn mal mit der suche nach dem sein tauschen, bis wir wieder die sonne auf unserer haut spüren und nicht nur den glanz der anderen bewundern.
Alle Artikel von Anouk Doujak
Irgendwo zwischen du und ich
wie viele ich’s lerne ich noch kennen und wie viele du’s?
bin ich nur ich, wenn ich mit und bei mir bin, oder ist das ich, dass ich bei dir bin genauso wahr?
wenn ich mich anpasse wie ein chamäleon, passiert das dann aus einer harmoniesucht, aus unsicherheit heraus oder ist das einfach die natur der sache?
wann lerne ich das ich kennen, dass ich nicht mehr gehen lassen möchte und wer bist du, der dieses ich aus mir herausbringt?
und was ist denn eigentlich schon ich und was du?
Gebrochene Waage
ich glaube, es gibt stellen im leben, an denen alles umgewichtet wird. dazu muss erst alles brechen, um dann neu geklebt zu werden.
vor mir am boden liegen sie verstreut, all die privilegien. die, die ich hatte, die ich verloren hab und die, mir in die hand gedrückt wurden, ohne dass ich danach fragen musste.
ich lege sie zu mustern. die geschenkten häufen sich auf, die anderen liegen plötzlich still daneben. ich wiege sie ab und merke, dass man farben und situation schwer auf eine waage packen kann. und was ist schon körperform gegen lebensform oder wie misst man trauma, in metern oder kubikmetern?
ist körperliche gesund höher als mentale und welche ist breiter?
so viele scherben, so viele stückchen, wo soll ich denn nur damit hin. und für die geschenkten – muss ich da etwas zurück schenken oder reicht eine danksagungskarte und an wen schicke ich diese?
Du bist, weil du willst
warum will ich eigentlich was ich will? ist das eine freie entscheidung oder bin ich opfer all der farben und töne die meine augen, ohren und finger durchfluten und sich festsetzten in zwischen den gehirnwindungen?
individuell wollen wir sein, wir möchten uns in charakter und charisma wickeln und so unser ich auf schulter, zeh und nase in die welt tragen.
mit den sich entwickelten wellen möchten wir schwimmen, nein, wir möchten sie durchtauchen, um ja der erste am strand zu sein; also ich habe das ja schon getragen bevor es angespült wurde und alle tief im sand standen. das mitschwimmen, das ist verpönt ja, wie unselbstständig, wie unoriginell.
sollen wir deshalb augen und ohren schließen, damit sich nichts in das ich unserer farbe mischt? ist es dann überhaupt bunt oder einfach nur tiefschwarz?
und wie größenwahnsinnig müssen wir eigentlich sein, den gedanken zu hegen eine neue farbe erfinden zu können?
natürlich müssen wir hin und wieder auf den grund tauchen um zu überprüfen, ob wir in diesen wasser überhaupt schwimmen wollen und ja, manchmal macht es mir angst, wie leicht ich durch strömungen meine richtung ändere, aber deshalb möchte ich nicht ins trockene. ich möchte schwimmen in diesem einen großen nass dieser welt, bis sich jede farbe mischt, irgendwann wird es sowieso schwarz und still.
Tagfang
manche tage wollen sich nicht fangen lassen zwischen schwarz und weiß, nicht fallen zwischen hoch und tief. sie zerfließen in ein undefinierbares nichts. nichts bringt mich zum brennen, kein gedanke sprüht, jede bewegung rührt nur von gewohnheit. das leben fühlt sich wie ein einziger blick ins narrenkastl an.
und wenn du ihn dann schon wegpacken willst, einsortieren in die vergangenheit, holt dich eine stimme aus und in den takt und es ist schön, tief drinnen. es stößt etwas an, das sich noch nicht skizzieren lässt. der körper fühlt sich erinnert, an alt und neu. /
dieser text ist durch wort, bild und ton der großartigen anna kohlweis angeregt worden. wenn euch einmal die gelegenheit vor die füße fällt sie live zu erleben, packt nichtigkeiten weg und geht geht geht hin.
Privilegien – zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie bitte Gewissen und Moral
plötzlich liegt es sich nicht mehr so weich und die gemütlichkeit hat einen metallenen beigeschmack. überall wo ich hinsehe, hängen meine privilegien, an den wänden und im schrank und auf meiner haut. stirnrunzelnd schaue ich sie an, so als wären sie nicht schon immer da gewesen. nur hin und wieder fehlt auch ein stück, da sind auch dellen und löcher, aber keines ist so groß, dass ich hineinfalle und vielleicht nicht mehr hinaus komme. und die privilegien, die sonst unbemerkt den teppich ausrollen, schauen mich fordernd an. ich kann den blick nicht abwenden. was bringen sie mit sich? wie schwer wiegen sie? was steht denn in ihrem beipackzettel, was sind denn da die riskien und vor allem die nebenwirkungen? und ist die kraft besser investiert andere um die löcher zu führen, in die man selber hineingefallen ist oder ist es besser, die löcher der anderen zu stopfen, die sich einem nie aufgetan haben? wäre dann die gemütlichkeit wieder warm und gut?
Anrennen gegen das Schweigen
die oberflächen glänzen und der abend zeigt sich sanft und trotzdem hat die ruhe eine spannung, die luft baut sich auf als würde sie gleich platzen und die stille als würde sie implodieren bis es kracht und das regal nichts mehr halten kann bis alles sich am boden in scherben häuft.
was soll man da noch sagen, außer dass man was sagen muss. ich rücke nervös auf den sofa herum, das, ich weiß, auf meinen privilegien gebaut ist.
ich fühle mich gleichzeitig nicht in der position die richtigen worte zu finden, den ton anzuschlagen der sich aufdrängt und genau in der position etwas sagen zu müssen, zu wollen.
alles, was sich im kopf formuliert, bleibt im hals stecken, klingt es doch zu klein und falsch, aber das stumm bleiben noch viel falscher.
vielleicht sollten wir gemeinsam schreien, schreien, schreien.
um der mitmenschen willen, nicht um unser eigenes bild zu polieren und schlafen zu können, nein, schreien für die menschen.
neben dem schreien, dürfen wir doch nie nie nie vergessen, die ohren und augen zu öffnen für die geschichten und gedanken derer, denen so oft die bühne verwehrt wird. denn deshalb bin ich hier, hier um mir stimmen ins wohnzimmer und worte vor die augen zu holen, die sonst nicht an mich dringen würden.
ich habe auch noch nicht den richtigen schlüssel gefunden und maße mir auch nicht an das zu können, aber deshalb kann ich ja nicht einfach jede tür zu lassen.
vielleicht ist nun all das auch wieder zu vetraxt, aber es ist ein versuch und ein anrennen gegen das schweigen und ein lautes HÖRT ZU an euch, an mich.
denn die stille und eintracht schmeckt momentan sowieso bitter, die sonntage bleiben picksüß am gaumen kleben, merkt ihr es nicht?
Herbstkreislauf
ich habe heute frieden mit dem herbst geschlossen. die sommerextase ist vorbei, die im nachhinein immer so viel bunter war, als sie im moment schien.
die gemütlichkeit schleicht sich ein. das essen liegt warm im magen und die luft kühl auf der haut. abends ist es dunkel und die die straßen schreien nicht mehr danach besucht zu werden. alles ist so dumpf, wie nach einem krachend lauten konzert, aber das hat auch etwas wolkiges, einlullendes. der blick fällt endlich wieder nach innen, die beine schweben das erste mal wieder in warmen wasser, das knistert und viel zu süß riecht.
ohne die hitze scheinen die gedanken schneller zu rennen, ideen bauen sich auf und es ist nicht so bedeutsam, ob sie alle realisiert werden, denn schon allein das gefühl, die lust wieder einmal etwas zu schaffen, statt zu konsumieren klopft ganz warm unter den schlüsselbeinen.
ich falte meine pullis neu und das ist schon ganz okay so. kreise sind nun mal rollend und sie aufzuhalten, ach, das überrollt einen nur, also bleibt nichts als sie laufen zu lassen. hallo herbst.
Wien, lass mich von deiner Gemütlichkeit atmen
Wiener Stadtgeflüster – auch dieser Text entstand bei einem Schreibspaziergang von Writing Wilderness.
Diesmal, am Fuße der Karlskirche, Wien zeigte sich in melodramatischem Sonnenuntergang, hielt uns Anna an der Stadt einen Brief zu schreiben.
Also tat ich das, mit dem abendlichen Glockenläuten im Ohr.
Wien, du gespaltene Persönlichkeit zwischen Schlagobershaube und Floridsdorf.
Lange hatte ich das Gefühl, du leutest deine triumphalen Glocken nicht für mich und jetzt, am Ausläufer der Karlskirche, schleicht sich ein vielleicht ein.
Wien, du bist mein Zuhause, das ich erkenne, wenn ich weg war.
Ich hab mir deine Ecken ins Herz gelaufen und doch scheint noch so viel unter meinen Füßen verborgen. Es fühlt sich an, als könnte ich deinen Grund nie greifen, du formst nicht meine Zunge und doch bist du alles an Erinnerung und Geborgenheit was ich habe.
Neu erleben werde ich dich, neu umrunden, Gedenken verstreuen und Geschichten in die Straßen laufen.
Vielleicht werde ich dir einmal untreu, um es mir zu bleiben.
Vielleicht spuckst du mich auch einmal aus deinen Mauern. Doch was bleibt ist das Heute, das Morgen.
Sei ned goschert, lass mich wachsen in und aus dir. Ich hebe doch ein Stückchen Liebe am Boden meines Brustkorbs für dich, nicht größer als a Sahneschnitte, aber weißt eh, die ist deftig genug. Ich halte dich in Aug und Ohr.
Du bist Grund, aber vielleicht auch nur Boden für Zukunft, denn ich bin ich und du du, die Fäden dazwischen dünn und doch eisern mit Sprungfeder in der Hinterhand.
Heimvorteil und Auslandsspiel in einem, vereint unter Prunk und Beton.
Lass mich von deiner Gemütlichkeit atmen, aber lass mich nicht erschweren unter deiner Last, die nicht die meine ist. Die trage ich selber im Gepäck, doch vielleicht lass ich es stehen, bis jemand seines daneben stellt und wir gemeinsam rennen ins Neue und auch, wenn ich es selber bin, die mir die Hand reicht. //
Als passender Soundtrack würde sich hier Der letzte Kaiser von Wiener Blond anbieten.
Was würdest du gerne deiner Stadt mal vor die Füße werfen und aus dem Herz kippen?
Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit
Wiener Stadtgeflüster – letzte Woche habe ich mit einer unglaublich warmherzigen Gruppe an Schreibinteressierten an einem von Annas Schreibspaziergängen teilgenommen. Es ist immer schön, wenn aus virtuelle Bänden, reale Umarmungen und zusammen lachen werden.
Gemeinsam sind wir von der Spittelberggasse zur Karlskirche spaziert und haben uns Anhand von Annas Aufgaben der Stadt schriftlich gewidmet. Sie ist nicht nur eine gute Freundin, sondern macht ihre Sache auch besonders gut, seht doch mal selbst unter WritingWilderness.
Ein flüchtiger Blick in gold, viel mehr ist die Secession über die Jahre für mich als Wienerin nicht mehr geblieben. Sich an ihrem Fuße niederzulassen, den Blick zu heben und die Inschrift zu lesen, war dadurch besonders. Als Anna uns aufforderte, mit der Inschrift als Auslöser 10 Minuten rapid writing zu betreiben, 10 Minuten den Stift nicht abzusetzten, entstand bei mir dieser Text.
Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit.
Der Satz sitzt zwischen Herz und Magen, tief, bis in den Bauch. Die Zeit der Kunst drängt sich momentan auf und doch die Angst, dass fehlende Freiheit mir bald die Kunst wieder raubt.
Ich möchte schreiben, schreiben, schreiben.
Ich will Freiheit auf weiß und Struktur im Tag – das wirkt wie hell und dunkel und alles was bleibt, ist Nebel.
Soll die Zeit der Kunst gewidmet werden oder bedeutet es doch der Kunst die Freiheit zu lassen, sie die Wochenendstunden und nicht dem grellen Alltag auszusetzten, der alles auslöschen könnte?
Ist es die Angst, die mich aufhält, wo sitzt der Knoten und wie löse ich ihn? Was passiert, wenn ich ihn löse und tief falle, werde ich liegen bleiben?
Wird der Stift für immer dort am Boden bleiben, wenn ich mich aufrapple und zweite Stellen anlaufe?
Finde ich das Glück wo anders, sitzt dann die Schuld der Leugnung zwischen den Fingern?
Ich will schreiben, schreiben, schreiben, aber was, wenn ich das vergesse? Wenn es mir zwischen Schleudergang und Einkaufssackerl verloren geht, ich es versehentlich mit dem Müll raus bringe? Will ich das und wie zerlaufen Wünsche, was ist Kern und was nur Schicht?
Kann ich bestehen zwischen Papier und Kritik oder brauche ich die Zahlen, die mich und meine Existenz vor dir festhalten.
Würde ich mich nur stoßen an eckigen 7 und verkriechen im Bauch der 3?
Und wenn ich nicht mehr anschreibe, für das jetzt im übermorgen, wo bleibt dann das gestern, wo das ich im ich? //
Loszulassen und einfach zu schreiben, kann wunderbar befreien. Einfach mal Timer stellen und den Stift fliegen lassen – probiere es doch einmal!