Schlagwort: gedanken

Vergessen um die Einfachheit

ich sehne mich nach fremden städten,
nach orten, an denen alles komplexer scheint,
jeder unverstandene satz bedeutung erhält, jedes wort die möglichkeit hat, alles zu sein.
nach geheimnisvollen gesprächen,
deren sinn nur an gesten hängt und
in gesichter zu lesen ist.
ich sehne mich,
nach straßen, die sich schlängeln,
die durch überraschung schönheit gewinnen,
aus denen die normalität und hässlichkeit gewaschen wird, um mit neugier und erkenntniss gefüllt zu werden.
nach dem dazwischen,
wenn stereotypen sich auflösen,
nur um an der nächsten ecke bestätigt zu werden, und das im endlosen kreislauf.
nach der verklärtheit,
wenn alles neu ist,
sich das auge nur auf die schörkeligen fenstergitter und grüne parkecken stürzt.
wenn sich die eindrücke durch deine gedanken spiralisieren,
bis sie alles einnehmen,
bis sie das letzte bisschen alltag verdecken,
du nur da bist.
ich sehne mich nach dem staunen,
gemischt mit der überwältigung und angst vor dem fremden.
ich sehne mich danach, verloren zu gehen,
in mir selbst.
ich sehne mich nach dem vergessen,
dem selbstvergessen.
dem vergessen des wissens
um die einfachheit des menschen,
meiner eigenen.
nach dem vergessen der grauenvollen wiederholung,
der gleichheit,
der brutalen realität der menschen.
ich sehne mich nach freiheit,
der freiheit jeden tag neu zu sein,
danach die rolle zu verlassen,
die eigentlich auch sicherheit bietet.
ich sehne mich nach träumen.
träumst du mit mir?

Sinn oder Sein

manchmal braucht es nur ein bisschen licht, das auf der haut tanzt, um loszulassen. loszulassen von dem gedanken irgendwo anders sein zu müssen, irgendetwas wichtigeres tun zu sollen und ständig etwas zu verpassen.
ja, wir verpassen ständig ganz ganz viel und die sozialen medien halten das uns ja täglich unter die nase und leuchten es bis spät in unsere gesichter, aber das ist nun mal einfach so. und nur weil wir etwas anderes irgendwo verpassen, müssen wir nicht das jetzt und hier aufgeben.
ob alles einen sinn hat, dass weiß ich nicht, aber wenn ich raten müsste, dann würde ich sagen, dass er wahrscheinlich nicht am strand von bali gehortet ist, sondern irgendwo zwischen den lichtern tanzt und unter den füßen raschelt, wenn wir ihn bemerken. aber vielleicht ist das auch gar nicht so wichtig und wir sollten die suche nach dem sinn mal mit der suche nach dem sein tauschen, bis wir wieder die sonne auf unserer haut spüren und nicht nur den glanz der anderen bewundern.

Irgendwo zwischen du und ich

wie viele ich’s lerne ich noch kennen und wie viele du’s?
bin ich nur ich, wenn ich mit und bei mir bin, oder ist das ich, dass ich bei dir bin genauso wahr?
wenn ich mich anpasse wie ein chamäleon, passiert das dann aus einer harmoniesucht, aus unsicherheit heraus oder ist das einfach die natur der sache?
wann lerne ich das ich kennen, dass ich nicht mehr gehen lassen möchte und wer bist du, der dieses ich aus mir herausbringt?
und was ist denn eigentlich schon ich und was du?

Gebrochene Waage

ich glaube, es gibt stellen im leben, an denen alles umgewichtet wird. dazu muss erst alles brechen, um dann neu geklebt zu werden.
vor mir am boden liegen sie verstreut, all die privilegien. die, die ich hatte, die ich verloren hab und die, mir in die hand gedrückt wurden, ohne dass ich danach fragen musste.
ich lege sie zu mustern. die geschenkten häufen sich auf, die anderen liegen plötzlich still daneben. ich wiege sie ab und merke, dass man farben und situation schwer auf eine waage packen kann. und was ist schon körperform gegen lebensform oder wie misst man trauma, in metern oder kubikmetern?
ist körperliche gesund höher als mentale und welche ist breiter?
so viele scherben, so viele stückchen, wo soll ich denn nur damit hin. und für die geschenkten – muss ich da etwas zurück schenken oder reicht eine danksagungskarte und an wen schicke ich diese?

Ich seh mich in dir. Nicht mehr.

und manchmal musst du in ein alt bekanntes jetzt fremdes gesicht sehen, um dein eigenes zu erkennen. um dir endlich zuzugestehen, ich muss das ich, was ich mit dir gelebt habe nicht mehr sein. und nicht nur das, ich muss meine meine person von damals, nicht mehr anziehen wie eine strumpfhose, nur weil deine augen und worte mich streifen.
ich kann das jetzt sein und das kann auch bedeuten, dass ich dich hier nicht mehr mag, aber mich dafür ein stückchen mehr.
sorry not sorry.

Zitronenpresse, Flusen und ein Gefühl vom Ankommen

die zitronenpresse dort, die flusen unter dem sofa und der kleine orange fleck darauf und da drüben, da drüben die kehrschaufel da, das ist alles meins.
das hängt jetzt an mir dran und mein leben und ich, wir ziehen damit bahnen.
die dunkelgrüne farbe, das ist meine persönlichkeit, die ich da gegen die wand geklatscht habe und die bilder, ich drehe den kopf, das sind meine gedanken, die da hängen und du sitzt auf meinen sehnsüchten, ja, dem kupferfarben kissen hier.
weißt du, ich kann jetzt tanzen um null uhr dreiunddreißig und joghurt mit erdnussbutter und schokolade essen, was sich eklig anhört und vielleicht auch bisschen eklig, aber auch bisschen gut ist.
niemand fragt nach meinen tag, keiner hört meine leisen füße nachts tapsen.
und dich, dich gibt es gar nicht, aber ich, ich bin jetzt mein zuhause. vielleicht trieft das von kitsch, aber ich bin mein zuhause.
und die erstaunliche entdeckung, dass die grillen auch in der stadt zirpen, die teile ich nur mit mir und manchmal ist das einsam.
aber wenn ich nach hause komme, dann läuft meine musik und du weißt es nicht, aber ich weiß, dass ich mein zuhause bin. und das lässt mich endlich wieder groß atmen.

Flussperspektive

das leben lebt sich manchmal von selbst vor sich hin. ich stehe darin, wie in einem fluss und es plätschert schneller als ich zuordnen kann, auf grund welches steinchens. und dann sehe ich meine entscheidungen um die kurven fließen, bevor ich fühlen kann was sich dahinter verbirgt.
manchmal bekomme ich kalte füße, aber bis es in meinem kopf ankommt, stehe ich schon knietief drin und sobald mein herz schwimmt, kann der kopf sowieso nur noch folgen.
das unaufhörliche fließen lässt mich schwanken zwischen angst und glück, denn manchmal würde ich gerne wieder mal in ruhe atmen, aber so wie die kälte den atmen nimmt, folgt darauf der nächste große atemzug.
ich könnte jetzt etwas von mit dem fluss schwimmen und springen erzählen, aber im grunde werden wir doch alle nass, mal bis zum knöchel, mal bis zur nase, vielleicht schwappt auch mal alles über, aber wir sind da, irgendwo zwischen einer rechts und linkskurve.

Reiskörner, fliegt

das wasser fliegt wie reiskörner durch die luft, ich bemerke das zum ersten mal, obwohl ich nicht mal darauf gewartet habe. gewartet wie auf so viele andere dinge, die nun stück für stück von ungreifbarem zu realität wechseln. und mit der zeit wird dies ungreifbare, was jahre lang nur in die zukunft gemalt war, vergangenheit. nach all dem hinfiebern ist es aus dem jetzt gegriffen, für immer vergangen.
manchmal fühlt es sich so an, als gäbe es einen stapel für die dinge, auf die ich warte sie zu erleben und einen stapel für die gelebten. und mit jeder seite, die stapel wechselt, fällt mir auf, das wars jetzt. ich kann diese seite, dieses erlebnis jetzt nicht mehr neu schreiben. ich kann nicht mehr das erste mal alleine autofahren oder den schlüssel zur wohnung umdrehen. all diese ersten male habe ich nun auf meine art beschrieben und festgenagelt, so wie sie waren.
plötzlich scheint das warten nicht mehr zum nervösen sesselwippen, sondern wie das leben selber.
ist das leben denn eine jagd auf neues?
stimmt es denn, dass das leben immer schneller fliegt, weil wir weniger zum ersten mal tun? und gibt es einen moment, in dem wir die jadg aufgeben und nur noch anderen dabei zusehen? bekommen wir kinder, um alles nochmal neu zu erleben?
vielleicht ist aber neu ja auch kein erstrebenswertes kriterium.
vielleicht leben wir ja in kreisen und, wenn einer abgearbeitet ist, dann beginnt der nächste kreis der neuanfänge.
und vielleicht ist es ja gar nicht beängstigend, dass uns das neu irgendwann ausgeht, sondern, dass am ende des lebens noch so viel neu übrig bleibt. dass der eine stapel nie ganz leer wird und viele seiten unbeschrieben.
vielleicht muss man sich darum auch gar nicht sorgen, weil neben den großen ersten malen, auch springende reiskörner im kleingedruckten der seiten stehen und das mindestens so schön ist.

Von jungen Herzen

EINS

manche tage sind wie warme wolle, nicht die kratzige, sondern die feine, teure.
in der wollenen wolke purzelt man herum und vieles ist gleichzeitig so klar und unbedeutsam.
es sind tage wie sanftes gitarren zupfen mit leisen oh‘s und ah‘s.
man ist an einem ort, der immer wie der falsche schimmerte und doch plötzlich der einzige ist, der sinn ergibt.

ZWEI

da laufen ameisen an meiner magenwand.
ihre kleinen tritte senden impulse durch den ganzen körper, ich zittere innerlich, doch nicht auf die schmerzlich krampfige art, sondern loslösend.
alles fließt schneller und löst ein unbändiges gefühl des lebens aus. der jetzige moment kribbelt unter der haut, der kopf wird vom körper aus den sorgen gerissen und hochgeschraubt bis er alles erblicken kann, es gibt nur jetzt.
vieles ist plötzlich so klar, wenn auch dunstig. aber vielleicht ist es ja gerade dieser feiner nebel, den es braucht um zu leben, zu überleben.

DREI

und manche tage sind dann die körperliche intensität. alles klopft gegen die haut, von innen heraus.
es schwimmt eine süß atzende flüssigkeit durch den magen und das blut.
die seele wühlt sich durch die innereien.
alles ist so voll, voll von dir, das nur ein bissen, ein ton mich zum bersten bringt.
du bist so in mir ausgebreitet, ohne dass du es weißt, dass ich teile von mir flüchten lassen muss, um platz für dich zu räumen.
und das tue ich mit wohlwollender hast,
werfe unüberlegt alles über bord, dass uns nicht koalieren lässt.
denn das steht groß geschrieben auf meiner inneren stirn,
das liegt über meiner makula, so dass jeder blick durch das netz von dir fallen muss.
meine haut ist elektrisch geladen und knistert. sie knackst bei jeden ton, bei jeden warmen duft lässt sie mich zitternd zurück.
ich möchte mich übergeben, übergeben um meinen körper einen moment der ruhe zu geben, die du mir raubst.
und aus angst dich aus mir fließen zu sehen, halte ich den mund geschlossen.
ich male ein bild von dir, mit pulsierendem blut, tief in mir, dass du nie sehen darfst, ohne dich wie der herr der gipfel zu fühlen.
und du, lässt mich immer strahlendere farben wählen, pigmente pur.
ich warte auf deinen patzer, einen fleck der einen see voller unmöglichkeiten malt.

VIER

in mir schreien worte danach ausgelassen zu werden, dich auf papier zu schreiben. dich in dickes weiches papier mit feuchter tinte zu gravieren, bis du verwischt über seiten vor mir liegst.

FÜNF

es ist wie mit nadeln gestochen zu werden, aber zu wissen, das diese die richtigen stellen treffen und nicht schmerzen.
nur sie wieder rauszuziehen, das tut weh.
das hinterlässt einen körper voll rotem muster, mit den kleinen blutstropfen verwindet ein quantel hoffnung, die erst zurückgewonnen werden will.

Angeklopft, die Zukunft war nicht da.

und ich blicke auf das braune glas, als könnte es mir etwas verraten. als wäre es der spiegel, den ich schon lange suche. am liebsten möchte ich daran klopfen und fragen ob die zukunft zuhause ist, weil ich hätte da eine frage. eine frage mit tausend weggabelungen und kopfzerbrechen.
noch ist nicht herbst und ich nicht bereit all die möglichkeiten zu stampfen, wie die orangenen haufen am gehsteigrand.
aber da blickt nur das leben stumpf zurück, die blumen, nichtssagend spöttisch.
was mach ich jetzt nur, will ich schreien, aber das dicke braune glas schluckt die antwort. nur mache ich jetzt, mache ich jetzt, mache ich jetzt hallt es leise. also mache ich das ‚jetzt‘ und das reiht sich dann, jetzt an jetzt an jetzt und ein zickzack von weg in die zukunft wächst. und plötzlich sind sie blumen nicht mehr spöttisch, sondern einfach gelb und blumen und ich bin ich, auch ohne spiegel und ziel.